Ein Kind – ein Bett. – Das ist nur unsere Sicht vom Kinderschlaf. Mütter von anderswo erzählen wie bei ihnen geschlafen wird. Und das sind Geschichten die uns überraschen…
Judith aus Simbabwe
Wie Kinder in Simbabwe schlafen – davon kann Judith viel erzählen. Schließlich heiratete sie einen Mann aus einem Zulu-Stamm und lebte dort 25 Jahre lang.
Das Baby schläft dort wo die Mutter schläft. Babybetten oder gar Kinderzimmer – so etwas gab es in ihrem Dorf nicht. Sowieso schlafen die Menschen dort in rund gebauten Schlafhütten, aus selbst gebrannten Ziegeln mit Lehm verputzt und einem Dach aus Gras.
Sind die Kinder älter ziehen sie aus der Schlafhütte der Eltern aus. Sie dürfen ab nun bei ihren Schwestern und Brüdern schlafen. Davon haben sie eine ganze Schar, denn für Cousine oder Cousin gibt es in der Sprache der Zulus kein eigenes Wort. Alle Kinder der Großfamilie sind Brüder und Schwestern. Die Menschen in Simbabwe denken nun mal großfamiliär. Der Spruch „Um ein Kind zu erziehen braucht es ein ganzes Dorf“, wird dort mehr gelebt, als wir es uns hier in unseren übersichtlich unterteilten Kleinfamiliendimensionen vorstellen können. Judiths Kinder wurden von ihrem Schwager oder der Urgroßtante genauso miterzogen, wie von ihr selbst. Da hat jeder ein Wörtchen mit zu reden. Auch das älteste Kind in der Schlafhütte, das für die jüngeren Kinder nachts die Aufsicht übernimmt.
Aufgestanden wird mit der Sonne. Genauso gehen die Kinder schlafen, wenn der Himmel über Simbabwe das Licht ausknipst. Dann trippeln die kleinen Kinder den großen hinterher in ihre Schlafhütte, kuscheln sich auf ihre Bastmatte und schlummern gemeinschaftlich dem Morgen entgegen.
Sasaphin aus Thailand
Sasaphin lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Bangkok direkt an einem Seitenarm des Flusses Chao Phraya. Ihre Kinder können über eine Treppe direkt von ihrem Häuschen aus im Fluss baden, gemeinsam mit den bis zu 3 Meter großen Waranen. Ihre Holzhütte ist innen besser ausgestattet, als so manche auf Booten vorbeituckernde Touristen vermuten würden.
Die ganze Familie schläft dort in einem Raum. Die Hütte ist schließlich nicht groß genug für eigene Kinderzimmer und Türen gibt es auch nicht. Die Kinder schlafen also einfach dort ein, wo die Eltern abends mit Freunden zusammensitzen oder fernsehen. Und sie schlafen dann ein, wenn sie müde sind und ihnen die Augen zufallen. Sasaphin deckt sie dann zu und später versuchen sie und ihr Mann selbst noch ein gutes Plätzchen in einem der Betten zu ergattern.
Mit ihren Kindern gemeinsam einzuschlafen und aufzuwachen ist für Sasaphin ganz normal. Anders hat sie es nie kennengelernt. Und anders muss es auch nicht sein.
Meryem aus der Türkei
Morgens bei Sonnenaufgang weckt Meryem und ihre Familie der Muezzin, der die muslimische Gemeinde zum Gebet aufruft. Denn sie wohnen in der Nähe der Ese-Kapi-Moschee in Istanbul.
Abends beim Schlafengehen läuft mit Meryems drei Kindern alles ganz unkompliziert ab. Feste Schlafenszeiten gibt es nicht. Das würde zu ihrer südländischen Lebensweise gar nicht passen. Ihre älteren Töchter dürfen selbst entscheiden, wann sie ins Bett gehen. Wenn ihr zweijähriger Sohn müde wird und zu quengeln anfängt, nimmt sie ihn hoch und wippt ihn auf ihrem Schoß hin und her, bis ihm die Augen zufallen. Dann steckt sie ihn ins Bett, das mittlerweile in seinem eigenen Zimmer steht.
Nachts versucht er manchmal unbemerkt ins Elternbett zu kriechen. Dass er dabei Erfolg hatte merkt Meryem oft erst am nächsten Morgen, wenn der Muezzin ruft, das Gesicht ihres Sohnes neben ihr auftaucht, und sie darauf ein schelmisches Siegerlächeln entdeckt.
Tailin aus China
Tailin wohnt mit ihrem Mann und der einjährigen Tochter in Hongkong. Wie es in einigen wohlhabenden chinesischen Familien üblich ist, haben sie eine Nanny, die fast rund um die Uhr für ihre Tochter da ist. Denn Tailin begann schon nach einem halben Jahr wieder in Vollzeit zu arbeiten.
Nannys schlafen in China im Zimmer der Kinder – solange bis sie schulreif sind. So können sie sich auch nachts um sie kümmern, wenn sie aufwachen. Zum Einschlafen wird Tailins Tochter viel herumgetragen und in den Schlaf geschaukelt. Die Nanny gehört mittlerweile zur Familie. So hat Tailin nicht das Gefühl sie in fremde Hände zu legen, sondern in vertraute.
Über den Tellerrand zu schauen kann sich lohnen. Auch wenn wir es Meryem oder Sasaphin nicht gleich machen wollen. – Durch einen Weitblick vermehrt sich doch die Anzahl der Möglichkeiten die wir haben!
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